Montag, 18. März 2013

Die wunderbare Welt der SDR

So, heute steigen wir dann mal ganz tief in die Abgründe der Technik ein.
Das aktuelle Zauberwort im Bereich des Funkempfangs lautet SDR: Software Defined Radio.
Also ein Empfänger (bzw. Sendeempfänger), welcher einen Großteil seiner Eigenschaften nicht etwa aus diskreten Bauteilen bezieht, sondern aus seiner Software.
Wer mehr über die Grundlagen erfahren will, sei auf die Wikipedia oder auf eine hervorragende Ausgabe von Chaosradio Express verwiesen, wo grundsätzliche Fragen geklärt werden.
Gerade in letzterem wird auf das Gnuradio Projekt verwiesen, welches eine großartige Plattform bietet, aber auch entsprechend anspruchsvoll gegenüber dem potentiellen Nutzer ist. Dafür bieten sich hier aber in Kombination mit der USRP-Hardware Möglichkeiten, die weit über das hinausgehen, was derzeit mit klassischer Hardware möglich ist.

Die für ein SDR benötigte Hardware war im Amateur-Bereich bisher eigentlich auf Kurzwellenempfänger beschränkt. Besonders berühmt war auf der kommerziellen Schiene sicherlich der Perseus, der ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis besitzt und als Meilenstein gelten kann.
Nicht ganz so leistungsfähig, aber nicht minder interessant, sind Selbstbauprojekte wie bspw. der FiFi-SDR.
Die bisher genannten Geräte sind alles Empfänger, dass diese Technologie jedoch auch in den Transceiver-Bereich einzug hält, zeigen Projekte wie der FA-SDR oder Elecraft KX3.

Dünner wird die Luft, wenn man sich für Frequenzbereiche deutlich oberhalb der Kurzwelle interessiert. Teilweise gibt es Modelle, die dort noch mit Einschränkungen betrieben werden können, jedoch spätestens für den Funkamateur, der sich für das 2m-Band interessiert, ist dort auch Schluss.
Vor ein paar Jahren wurde ein Projekt der Amsat-UK dann bekannt, welches sich zum Ziel gemacht hat, die Amateuerfunk-Satelliten mit günstiger Hardware empfangbar zu machen. Heraus kam ein SDR, welcher sich die Bauteile von USB-Dongles die zum terrestrischen TV-Empfang gedacht waren, zu Nutze macht und somit dank massenhaft hergestellter Hardware günstig herzustellen ist. Der FUNcube Dongle hatte einen riesen Erfolg und war lange Zeit kaum zu bekommen. Ein Testbericht des Funkamateur und weitere Infos sind bei Wimo zu bekommen.
Mittlerweile gibt es eine neuere Version, welche einen Empfangsbereich von 150 kHz bis 1,9 GHz (mit Lücken) abdeckt und damit schon mal ein Großteil dessen, was potenzielle Hörer so interessieren könnte.

Was für Möglichkeiten gibt es jetzt noch, falls man mal in die Welt der SDR hineinschnuppern will, ohne gleich größere Investitionen auf sich nehmen zu müssen?
Kostenlos sind sogenannte Web-SDR, die über ein Web-Frontend gesteuert werden und schon mal einen netten Einblick liefern. Das Angebot ist mittlerweile gar nicht mehr so klein, wie man über eine Suchmaschine oder entsprechende Verzeichnisse wie DXZone sehen kann. Recht bekannt ist der Web-SDR der Universität von Twente: http://websdr.ewi.utwente.nl:8901/
Zu beachten ist hier, dass dieser mittels Java implementiert wurde, zu den aktuell immer wieder thematisierten Sicherheitsproblemen will ich mich hier aber nicht äußern.
Das große Problem bei den Web-SDR ist natürlich, dass man Empfang von sonstwo auf der Welt hat, aber eben nicht von regionalen Sendern in seinem eigenen Umfeld. Das ist ja gerade im Bereich oberhalb der Kurzwelle recht interessant, und wenn es sich nur um das Mithören des Orts-Relais handelt.
Ein paar schlaue Leute aus dem Umfeld des Gnuradio-Projekts haben sich darauf hingesetzt und alternative Treiber für vorhandene DVB-T-Sticks geschrieben, um diese mit vorhandener SDR-Software nutzen zu können. Genannt wurde das Projekt RTL-SDR, nicht nach dem TV-Sender, sondern nach der verwendeten Hardware. Die Homepage findet sich dort: http://sdr.osmocom.org/trac/wiki/rtl-sdr
Da es mittlerweile sehr viele gute und ausführliche Anleitungen gibt, wie die Treiberinstallation von statten geht, verweise ich mal auf Links, die mir weiter geholfen haben:
http://www.ccc-mannheim.de/wiki/DVB-T_Stick_als_SDR-Receiver
http://www.forum.satellitenwelt.de/viewtopic.php?f=5&t=331

Wichtig ist natürlich noch, dass man auch einen kompatiblen Empfänger besitzt. Mittlerweile findet sich recht unterschiedliche Hardware in den Sticks, weil nicht mehr alle IC's gebaut werden. Eine recht umfangreiche Liste gibt es bei reddit.

Auf Hardware-Seite läuft bei mir ein Terratec Cinergy TStick RC Rev.3 mit einem entsprechenden Adapter und in der Regel einer Diamond RH-771. Daraus ergibt sich ein sehr mobiles Setup, das auch in der Reisetasche einen großen Platz weg nimmt. Im Gegensatz zu Handfunkgeräten, Handscannern etc. muss man sich auch keine Gedanken um die Stromversorgung machen.

Zu guter Letzt braucht man natürlich noch eine entsprechende Software auf dem Rechner. Hier ist HDSDR recht beliebt und auch ausgereift. Wem das nicht zusagt, kann sich auch mal SDR# ansehen.
Im Moment sehr vielversprechend und bei mir fast nur noch in Betrieb ist SDR-Radio, welches von Simon, HB9DRV stammt, der auch Hamradio Deluxe entwickelt hat. Die V2 befindet sich noch in der Preview-Phase, die erste Beta-Version ist angekündigt, aber steht noch nicht zum Download bereit.
SDR-Radio hat für mich verschiedene Ansätze, die ein riesen Potential zeigen:
  • Nutzung mehrerer VFO's gleichzeitig innerhalb des Empfangsbereichs. Die Anzahl ist wohl in erster Linie durch die Rechnerleistung bestimmt, aber irgendwann ist ja auch die geistige Kapazität des Zuhörers begrenzt. Dennoch eine nette Idee, zumal man die Audioströme der VFO's auf unterschiedliche Audio-Ausgänge legen und so verschiedene Decoder, Aufzeichungsgeräte etc. gleichzeitig nutzen kann. 
  • Eingebauter RDS-Decoder. Für den interessierten Funkamateur jetzt nicht das Killerfeature, aber es zeigt, was eine ordentliche Integration von SDR-Frontend und Decoder-Bausteine so liefern können. 
  • Übersichtliche UI
  • Bereits in den Preview-Versionen sehr stabil
Hier mal ein Screenshot vom Empfang eines Radiosenders:

Unten sieht man das breite Wasserfalldisplay für den gesamten Empfangsbereich, links darüber den herangezoomten Bereich, in dem der "Software-VFO" sich gerade befindet. Rechts davon das Autospectrum mit eingeblendetem Sendernamen, welcher aus der RDS-Information entnommen wurde. Am linken Bildrand befindet sich noch der sogenannte Frequency Explorer, welcher den zur Zeit genutzten Frequenzbereich und die Betriebsart samt Bandbreitenauswahl übersichtlich darstellt. Hier ist es auch möglich, sehr schnell zwischen unterschiedlichen Frequenzbereich hin und her zu springen und sich einen Blick über die Bandbelegung zu machen.
Trotz der bereits tollen Ergebnisse, die dieses Programm abliefert, handelt es sich natürlich noch um keine finale Version. Bspw. die noch nicht richtig funktionierende Rauschsperre ist für mich als häufigen FM-Hörer doch schmerzhaft.

Insgesamt muss man sich natürlich bewusst sein, dass man sich eher im experimentellen Bereich des Funkempfangs befindet. Hard- und Software können die Grenzen der Physik nicht aushebeln und es zeigen sich Grenzen, wo man zum Beispiel auf einen besonders großen Dynamikumfang, Spiegelfrequenzunterdrückung etc. angewiesen ist.
Aber wer damit leben kann, dass der Empfang immer mit ein wenig rumgefrickel verbunden ist, der bekommt ein tolles Werkzeug an die Hand, und das für echt wenig Geld!

Demnächst beschreibe ich dann noch, wie bei mir das Zusammenspiel zwischen SDR-Software und Decoder-Software aussieht. So long...

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